Wenn nach einem Konzert in den Medien erzählt wird, wie es war und was man da gehört hat, wünscht mancher sich, er hätte einiges schon vorher gewusst. Bei Johann Sebastian Bach weiß man meist schon in etwa, was einen erwartet. Von Maurice Duruflé und Francis Poulenc hat allerdings nicht jeder schonmal gehört. Da kann etwas Vorbereitung nicht schaden – damit wir wissen, worauf wir achten können, und uns so die kleinen und großen Besonderheiten der Musik nicht entgehen. Darum hier eine kurze Vorstellung der Komponisten und der Musik des Abends:
Das Requiem opus* 9 von Maurice Duruflé
Maurice Duruflé ist kein „alter“ Komponist: Er wurde 1902 in Frankreich geboren und starb erst 1986. Dementsprechend erwartet uns sicherlich etwas Modernes. Bevor wir nun im Geiste etwas säuerlich den Mund verziehen, schauen wir doch einmal, oder besser gesagt hören wir, was das zum Beispiel für Musik ist, die er so komponiert hat: http://www.youtube.com/watch?v=hcdy5IlPx74
Oh! Ist das modern? Es ist einfach, fast wie ein Volkslied. Oder wie ein ganz altes Lied aus der Renaissance-Zeit. Dieses Stück schrieb er 1977; es war sein letztes Werk, nachdem er zusammen mit seiner Frau einen schlimmen Autounfall überlebt hatte, der seine Karriere als Organist beendete.
Maurice Duruflé schrieb vor allem geistliche Vokal- und Orgelmusik. Viele seiner Kompositionen hat er nicht zur Veröffentlichung freigegeben, deswegen gibt es von ihm nicht besonders viele Werke zu hören. Das Requiem op. 9 allerdings gilt als Meisterstück französischer Kirchenmusik, heißt es auf Wikipedia. Hören wir einmal hinein: http://www.youtube.com/watch?v=mnRTuf7aA4o
Diejenigen unter uns, die der modernen Musik eher skeptisch gegenüberstehen, können sich bei Duruflé über Anklänge aus dem gregorianischen Gesang freuen. Und aus der Romantik. Das eben gehörte Stück aus dem Requiem opus 9 heißt „In paradisum“, zu Deutsch „Im Paradies“. Es ist ein tröstlicher Schluss für ein Requiem, also für eine Totenmesse.
Lesen wir weiter in Wikipedia, was uns helfen wird, das Requiem zu verstehen:
„Meist singen die Männerstimmen, der Alt wird eingesetzt, wenn es um eine flehende Bitte geht (z. B. Domine Jesu Christe, Agnus Dei) und der Sopran, wenn Überirdisches angesprochen wird (z .B. Te decet hymnus in Sion im Introitus, In paradisum). […] Die innige Bitte Pie Jesu, gesungen von einer individuellen Frauenstimme, steht im Zentrum der Komposition. […]Das Requiem ist überwiegend ruhig und introvertiert, alle Sätze enden mit einem Übergang ins Unhörbare. Auf diesem Hintergrund erscheinen die Höhepunkte in Dynamik und Tonlage umso einschneidender. Der Anruf Kyrie, der zuerst fugiert erfolgt (über einem Bass, der die gregorianische Melodie in Vergrößerung spielt), erklingt beim zweiten Mal mit eruptiver Dringlichkeit. Im Osanna wird ein Glockengeläut aufgebaut, das bei in excelsis einen langgehaltenen strahlenden Akkord erreicht. Im Libera me führt Calamitatis et miseriae alle Stimmen in extreme Höhe. Das Werk verklingt in einem siebenstimmigen schwebenden Akkord, très long (sehr lang).“
Konzert für Orgel, Streicher und Pauke in g-Moll von Francis Poulenc
Auch Francis Poulenc ist ein französischer Komponist. Er lebte von 1899 bis 1963. Das Orgelkonzert, das wir an diesem Abend hören werden, entstand im Jahr 1938 auf Wunsch von Poulencs Mäzenin Prinzessin Edmond de Polignac und stellt eine Hommage an Johann Sebastian Bach dar.
Laut Wikipedia schreibt Poulenc hier eine Orgel mit einem sehr großen Werk vor, um „gigantische“ Klangeffekte zu erzielen. Das dürfte mit der Siegfried Sauer-Orgel in der Sankt Sophien-Kirche kein Problem sein – welch gewaltige Klänge in ihr stecken, hat uns der Organist Wolfgang Seifen schon 2008 beim 10jährigen Orgeljubiläum gezeigt. Damals übrigens haben wir zum ersten Mal bei einem Orgelkonzert durch eine Leinwandübertragung den Orgelspieler live beobachten dürfen – das soll auch bei diesem Jubiläumskonzert wieder so sein.
Zusätzlich zur Orgel ist bei diesem Stück auch eine Pauke als Soloinstrument vorgesehen. Begleitet werden die beiden Solisten von den Streichern der Hamburger Camerata. Also: Orgel, Pauke und Streicher – was für eine ungewöhnliche Zusammenstellung!
Als majestätisch, tragisch und zugleich düster wird dieses Werk beschrieben. Ein Abschnitt in Wikipedia erzählt uns, was wir hören werden.
Hier ein Ausschnitt aus dem Werk: http://www.youtube.com/watch?v=AngwBAe7MmA
Poulenc war, anders als Duruflé, kein Organist, sondern vielmehr Pianist. Und wie Duruflé war er außerdem auch Komponist – er vertonte Gedichte, schrieb vor allem in jungen Jahren Klavierstücke und sah selbst seinen Schwerpunkt in der Komposition von Opern. Mit 37 Jahren wandte er sich dem katholischen Glauben zu und schrieb ab dann eine Reihe geistlicher Werke, die von vielen als seine wichtigsten Arbeiten angesehen werden.
Das Konzert für Orgel, Streicher und Pauke in g-Moll wurde 1939 uraufgeführt – übrigens mit Maurice Duruflé als Organist. Es gehört heute in den Kanon der bedeutenden Orgelwerke.
*opus = lateinisch „Werk“
Christiane Christiansen
1 Kommentar
Danke für die ausführlichen und gut verständlichen Informationen! Ich hoffe, dass viele diesen Text lesen und versuche, ihn weiter zu verbreiten.