Warten in froher Bereitschaft
Selig jener Knecht, wenn ihn der Herr bei seinem Kommen wachend findet. (Mt 24,45)
Wachsamkeit ist die Haltung des treuen Knechtes, den der Herr über sein Eigentum setzt: »Selig jener Knecht, wenn ihn der Herr bei seinem Kommen wachend, findet … (Mt 24,45). »Wacht also, denn ihr wißt nicht den Tag noch die Stunde!« (Mt 25,13).
Dieses gespannte Warten geschieht nicht in Furcht und Bangigkeit, sondern in froher und hoffender Bereitschaft. Nicht mit knechtischem, sondern mit freiem Blick sieht der Christ in die Zukunft, weiß er doch, wer dieser kommende Herr ist. Dem Glaubenden kommt die Ankündigung, daß der Herr kommt, nicht als Erschütterung und Drohung, sondern als eine Nachricht, die Freude weckt. »Brüder, freuet euch; noch einmal: freut euch! der Herr ist nahe!« (Phil 4,5).
In seinem wachen Hinaushorchen in die Zukunft vernimmt der Glaubende schon mitten im Heute die Stimme des Herrn: »Siehe, ich komme bald«. Auf diese Verheißung hin gewinnt er seinen Stand in der Zeit. Nie weiß er sich so wach, so gegenwärtig im Heute, so offen ausgespannt auf die Zukunft Christi, wie im betenden Ruf der bräutlich harrenden Kirche: »Komm Herr Jesus!« (Offb 22,20) …
Weil die Zeit, in die Gott uns einweist und stellt, Heilsgegenwart und Hoffnungszukunft ist, kann auch unsere eigene wache Zeiterkenntnis nur den Sinn haben: unser Heute von Gott als den Tag des Heiles zu ergreifen, oder richtiger, uns von ihm ergreifen und befreien zu lassen zu einem unzerstörbaren Frieden, einer unverdrossenen Liebe und einem unentwegten Mut.
Dietrich Wiederkehr
In den Dimensionen der Zeit, Zürich 1968, 54 f.
Herr, wie mühselig ist es,
mich selbst zu ertragen,
Tag für Tag,
Stunde für Stund‘,
wissend mein Nichts-sein,
all mein Versagen,
meinen Hochmut,
alle Trägheit des Herzens,
die mich hindern,
Dir, Herr, zu dienen,
wie sich’s gebührte, wie ich es möchte.
Elsi Schindler
Gebete aus dem Alltag, Zürich 1967, 14.