Vortrag von P. Rudolf Stertenbrink OP, Hamburg

Für alle, die den Vortrag von Pater Rudolf Stertenbring OP



beim letzten



am Sonntag, dem 21.2.2016 im Sophien-Saal von Sankt Sophien nicht hören konnten, hier noch einmal zum nachlesen:

HAT GOTT DEN KAMPF MIT DER NATURWISSENSCHAFT VERLOREN?

„Hat Gott den Kampf mit der Naturwissenschaft verloren?“ So lautet mein Thema. Wie bin ich zu diesem Thema gekommen? Uns allen ist die Rede bekannt: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir mit Hilfe der Naturwissenschaft alles erklären und damit auch alles machen können, einschließlich den Menschen!“ Dann brauchen wir Gott nicht mehr; dann ist Gott überflüssig geworden. Von hier bis zum vollkommenen Atheismus ist es nicht mehr weit. Ich vermute, dass es unter uns keinen gibt, der solche Aussagen noch nicht erhört hat.

Ich hoffe nun, dass es mir mit meinen anstehenden Ausführungen gelingt, zu jenem Punkt zu kommen, an dem sich zeigt, worauf alles ankommt, wenn wir eine Antwort auf die Frage suchen: „Hat Gott den Kampf mit der Naturwissenschaft verloren?“

Vergegenwärtigen wir uns zunächst, wie sehr sich durch die Naturwissenschaften unser Weltbild verändert hat. Ich denke an den deutschen Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473-1543). Er hatte bewiesen, dass sich nicht die Sonne um die Erde dreht, sondern die Erde um die Sonne. Oder da ist der englische Physiker Isaac Newton (1642-1727). Er hatte das Gravitationsgesetz entdeckt, das Gesetz der Schwerkraft, das die Bewegung der Gestirne erklärt und jede andere Hypothese überflüssig macht.

Doch der für uns und unsere Frage wichtigste Mann ist nicht Kopernikus und auch nicht Newton, sondern der Engländer Charles Darwin (1809-1882). Warum ausgerechnet er? Er ist der bedeutendste Vertreter der gesamten gegenwärtigen Naturwissenschaften. Zudem hat kaum einer unser Weltbild durch seine Theorien so sehr verändert wie er. Sein Grundwerk, in dem er mit der Unwiderlegbarkeit des Naturwissenschaftlers seine Theorien vorlegte, hat den Titel: „Von der Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl“. Es erschien 1859.

Um an die von uns gesuchte Antwort heranzukommen, gehe ich von einem Brief aus, den die bekümmerte Ehefrau von Darwin ihrem bereits über alle Landesgrenzen hinaus bekannten Mann geschrieben hat. Doch bevor ich Ihnen diesen Brief vorstelle und auf ihn näher eingehe, ein paar Hinweise auf die Biographie von Charles Darwin.

Auf Wunsch seines Vaters studierte er von 1828 an ohne Begeisterung in Cambridge Theologie. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Neunzehnjährige nicht den geringsten Zweifel daran, dass jedes Wort in der Bibel im strengen Sinn wahr ist. Das änderte sich, als er im August 1831 eine Anfrage erhielt, ob er an einer Expedition teilnehmen wolle, deren Ziel es war, die Küsten Südamerikas genauer zu vermessen. Am Ende seines Lebens wird er in seiner Autobiographie sagen: „Die Reise mit der Beagle war das bei weitem bedeutendste Ereignis in meinem Leben und hat meinen gesamten Werdegang bestimmt.“

Seine Begeisterung ließ sich der 22-jährige auch nicht durch all die Strapazen nehmen, denen das Segelschiff, die „Beagle“, während mehrerer Jahre ausgesetzt war. Das Schiff war nur knapp 30 Meter lang und gut sieben Meter breit. Seine zehn Quadratmeter große Kabine musste er mit einem anderen teilen. Darwin verbrachte die meiste Zeit an Land und ließ sich von nichts abschrecken, wenn es darum ging, neue Pflanzen oder Tiere zu entdecken.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass sich Charles Darwin auf dieser abenteuerlichen Reise immer intensiver mit der Frage nach einer Ehe beschäftigte. So war es kein unerwartetes Ereignis, dass er 1838 um die Hand seiner Cousine Emma Wedgwood (1808-1896) anhielt und diese ein Jahr später heiratete. Die beiden führten eine sehr glückliche Ehe, aus der 10 Kinder hervorgingen.

Dies zu wissen, ist gut, wenn ich Ihnen jetzt den angekündigten Brief von Emma Darwin an ihren Mann vorlese. Zu diesem Zeitpunkt war Charles Darwin bereits ein durch seine Evolutionstheorie weithin bekannter Naturwissenschaftler.

Ist es nicht möglich, dass es im Wesen der naturwissenschaftlichen Forschung liegt, nur das zu glauben, was sich beweisen lässt? Und weiter: Ist es nicht möglich, dass sich Dein Geist zu stark beeinflussen lässt durch die Gewohnheit, (natur)wissenschaftlich zu denken auch im Hinblick auf die Dinge, die sich nicht beweisen lassen? Ich möchte sogar so weit gehen zu sagen: Es besteht die Gefahr, selbst das Geheimnis der (biblischen) Offenbarung dranzugeben. Um diese Gefahr kümmert sich ja das naturwissenschaftliche Denken nicht. Denn naturwissenschaftliches Denken kennt nicht die Furcht und Sorge, man könnte etwas aus Undankbarkeit außer Acht lassen, das geschehen ist um unseres Heiles willen und zum Heil der ganzen Welt. Diese Gefahr sollte dich vorsichtig machen! Und solltest Du im Begriff sein, den Glauben Deiner Väter zu verlieren, dann sollte Dich die Sorge beseelen, dass Du Dich nicht genügend um die Wahrheit bemüht hast.

Wie hatte Darwin auf diesen Brief reagiert? Normalerweise pflegte er die Briefe, die ihn erreichten, zu zerreißen. Aber mit dem eben vorgelesenen Brief ging er anders um. Ihn bewahrte er sorgfältig auf und schrieb für seine Frau an den Rand:

 Wenn ich tot bin, so sollst Du wissen, dass ich diese Worte  manches Mal geküsst und darüber geweint habe. C.D.

(Vgl. Johannes Hemleben, Darwin, rowohlts monographien Bd. 137, Reinbek bei Hamburg 1968, S. 139ff.)

***

Dieser Brief enthält vier Feststellungen, in denen sich die Antwort auf unsere Ausgangsfrage verbirgt. So tun wir gut daran, uns auf diese einzulassen.
a. Die erste Feststellung
Emma Darwin beginnt sehr behutsam, indem sie ihrem Mann die bezeichnende Frage stellt:

„Ist es nicht möglich, dass es im Wesen der naturwissenschaftlichen Forschung liegt, nur das zu glauben (für wahr zu halten), was sich beweisen lässt?“

Als Darwin sich 1831 – er war damals 22 Jahre alt – an der fünfjährigen überaus abenteuerlichen Weltreise (1831-1836) beteiligte, kam er nach Südamerika und zu den Galápagos-Inseln. Dort machte er Beobachtungen, die ihn zu seiner Abstammungslehre führten. Kern dieser Lehre ist die Selektionstheorie, auch »Theorie der natürlichen Auslese« genannt. Nach Darwin tendiert jedes Lebewesen danach, sich immer weiter zu vermehren. Dass die absolute Zahl der Tiere und Pflanzen einer Art dennoch mehr oder weniger stabil bleibt, liegt daran, dass nicht alle „den Kampf ums Dasein“ bestehen. Eine natürliche Auslese führt vielmehr dazu, dass nur jene Pflanzen und Tiere mit den besser entwickelten Organen überleben und Nachkommen produzieren können. Die anderen Individuen sterben aus.

Diese „Selektionstheorie“ geht demnach von zwei Grundvoraussetzungen aus: erstens von der Veränderbarkeit der Merkmale der Lebewesen und von der Überproduktion an Nachkommen. Von diesen überleben im „Kampf ums Dasein“ diejenigen am besten, die ihrer Umwelt am besten angepasst sind. Da diese „Selektionstheorie“ zu keinem Ergebnis der Biologie im Widerspruch steht, ist sie heute allgemein anerkannt.

Darwins Theorien sorgten damals überall für helle Aufregung, da sie sich auch auf den Menschen übertragen ließen: Dieser hätte demnach seine Fähigkeit zu denken der natürlichen Auslese zu verdanken.

An dieser skizzenhaften Darstellung verdeutlicht sich die Eigenart naturwissenschaftlichen Denkens. Die Naturwissenschaft bezieht sich mit ihren Forschungen ausschließlich auf das faktisch Gegebene, auf das Fassbare und Nachprüfbare. Dabei ist sie bemüht, Gesetzmäßigkeiten, die in der Natur beobachtet werden können, aufzudecken und auf ihre natürlichen Ursachen zurückzuführen.

In diesem Sinn sind die Worte von Emma Darwin zu verstehen, dass es im Wesen naturwissenschaftlicher Forschung liegt, nur das zu glauben (für wahr zu halten), was sich beweisen lässt. Ihre große Sorge war, dass sich der „religiöse Glaube“ ihres Mannes von einem bloß „wissenschaftlichen Glauben“ verschluckt werden könnte. Daher ihre

b. Zweite Feststellung:

„Lässt Du Dich nicht zu stark beeinflussen von der Gewohnheit wissenschaftlichen Denkens hinsichtlich der Dinge, die sich nicht beweisen lassen?“

Dabei geht sie davon aus, dass es Dinge gibt, die sich nicht mit naturwissenschaftlichem Denken erklären lassen. Man denke hierbei vor allem an die Herkunft der Gesetze, nach denen sich dieses oder jenes entwickelt. Woher kommen diese Gesetze? Entstammen sie dem menschlichen Gehirn, oder sind sie nicht vielmehr den Dingen eingestiftet? Wer aber hat das getan? Wer aber hat sich diesen Plan ausgedacht? Hier tritt etwas Entscheidendes zu Tage. Der Mensch kann immer nur nachdenken, weil da etwas vorgedacht worden ist. Sollte dieses Etwas etwas Nicht-Materielles, etwas Geistiges sein, dann hat die Natur immer schon eine nichtmaterielle, das heißt eine geistige Prägung. Woher hat sie diese?

Wie denken wir über diese geistigen Elemente, die die ganze Natur durchdringen und die mit Sicherheit nichts Materielles sind? Hierzu kann die Naturwissenschaft als Naturwissenschaft im Letzten nichts sagen. Es ist ihr weder eine positive noch negative Aussage möglich. Denn hier geht es nicht mehr um eine naturwissenschaftliche, sondern vielmehr um eine weltanschauliche Frage. Die Antwort, die wir geben, hängt in jedem Fall von jenem weltanschaulichen Horizont ab, in dem der Gefragte persönlich steht, in dem er sich entscheiden muss. Ein ungläubiger Mensch wird sagen: Alle Entwicklungsvorgänge, alle Lebewesen und auch der Mensch sind Produkte des Zufalls. Der gläubige Mensch hingegen wird aufgrund der geistigen Elemente darin eine göttliche Schöpfung erkennen. Dabei entspricht es durchaus seinem Schöpfungsglauben, „dass Gott nicht erschafft, was durch Entwicklung werden kann …, dass die Geschöpfe erst durch Entwicklung und Geschichte werden, was sie nach dem Schöpfungswillen sein sollen“ (H. Volk). Doch kann keine der beiden Richtungen ihre Überzeugung beweisen; sie können diese nur bezeugen. Genau das hat Emma Darwin mit ihrem Brief getan.

Dies gilt in noch höherem Maß hinsichtlich der Frage, warum überhaupt Seiendes ist und nicht vielmehr nichts. Sie bezeichnet die Frage aller Fragen! Auch sie und vor allem sie kann nur weltanschaulich entschieden werden. Von hier aus können wir verstehen, warum es nicht wenige namhafte Naturforscher gegeben hat und gibt, die sich nicht nur dem wissenschaftlichen Denken verpflichtet wissen, sondern darüber hinaus tief gläubige Menschen sind und das deshalb, weil sie sich für Gott entschieden haben.

Zu ihnen gehört der Astronom Johannes Kepler (1571-1630), der sein Hauptwerk „Weltharmónik in fünf Büchern“ mit einem Gebet schließt, in dem es heißt: „Dir sage ich Dank, Herrgott, unser Schöpfer, dass Du mich die Schönheit schauen lässt in Deinem Schöpfungswerk … Siehe, ich habe das Werk vollendet, zu dem ich mich berufen fühlte; ich habe mit dem Talent gewuchert, das Du mir gegeben hast.“

Oder erwägen wir die Worte des Raketenkonstrukteurs Wernher von Braun (1912-1977): „Der Pfarrer, der Sonntag für Sonntag in glühender Sonne seine Gemeindemitglieder sammelte und mit seinem alten Bus zur Kirche brachte, hatte mich gelehrt: Zum Glauben gehören Disziplin und Beständigkeit. Ich begann zu beten (…) Wir haben allen Grund zu beten, dass Gott uns die Kraft schenke, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Beten wir wirklich um diese Kraft und diesen Geist? Ich will es weiterhin versuchen!“

Oder bleiben wir bei Darwin. Er sagt: „Ich habe niemals die Existenz Gottes verneint (…) Die Unmöglichkeit des Beweisens und Begreifens, dass das großartige, über alle Maßen herrliche Weltall ebenso wie der Mensch zufällig geworden ist, scheint mir das Hauptargument für die Existenz Gottes.“

Doch vergessen wir nicht: Die genannten Naturwissenschaftler kamen zu ihren Bekenntnissen nicht aufgrund ihrer naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Sie kamen zu ihnen einzig und allein aufgrund ihrer Entscheidung. Die Spannung, die an diesem Punkt spürbar wird, haben denn auch die Schriftsteller aufgegriffen, um sie literarisch zu gestalten. Ich nenne nur zwei von ihnen, nämlich Bertolt Brecht (1898-1958) in seinen „Geschichten von Herrn Keuner“ unter der Überschrift: „Gibt es einen Gott“ und den Brasilianer Paulo Coelho (geb. 1947) in seinem sehr empfehlenswerten Büchlein „Der Wanderer“ unter der Überschrift „Gibt es Gott?“ Beide kommen in dem überein, was wir vorhin dargelegt haben und das sich etwas flott so formulieren lässt: Ohne Entscheidung ist Gott nicht zu haben!

Wie sehr wir heutzutage in der Gefahr stehen, den „religiösen Glauben“ in einen „wissenschaftlichen Glauben“ aufzulösen, zeigen uns die mit vielen Vorurteilen und Vorentscheidungen besetzten Ausführungen von Theo Löbsack (1923-2001) in seinem>Buch „Die Biologie und der liebe Gott“. Zitieren wir daraus nur zwei Sätze: „Das, was die Kirche unter ‚Erlösung‘ versteht, sollte ersetzt werden von dem Bemühen um ein inneres Gleichgewicht. Das Bittgebet (…) sollte abgelöst werden durch Selbsterkenntnis und Praktiken, die eine persönliche Verantwortung und humanistisches Streben fördern.“

***

c. Die dritte Feststellung:

Wie aber kommen wir zur religiösen Überzeugung von der Existenz Gottes? Ich möchte hier vor allem zwei Quellen nennen, aus denen unsere religiöse Überzeugung gespeist wird. Die eine ist die unbegreifliche Weisheit, die sich in der Natur offenbart. Denken wir nur an die Konstruktion, durch die das Wasser von den Wurzeln eines Baumes bis in seine höchsten Spitzen befördert wird. Die andere Quelle ist Gottes Selbstmitteilung, die die Heiligen Schriften bezeugen.

Diesen beiden Offenbarungsquellen entsprechen die zwei Hauptfähigkeiten des Menschen: die Fähigkeit zu erkennen und die Fähigkeit zu lieben. Während Gott in seiner unergründlichen Weisheit als der Ferne erscheint und für das menschliche Erkennen unerreichbar bleibt, ist er durch seine Menschwerdung in unsere Nähe gekommen, um sich vom liebenden Herzen erfassen zu lassen. Während also Gott für die Fähigkeit zu erkennen unbegreiflich bleibt, wird er erreichbar für die Fähigkeit zu lieben. Wäre Gott nur dem Verstand zugänglich, dann wäre er etwas für die Schlauen, die Gelehrten, die Großen, unbegreiflich aber für die Dummen, die Armen, die Kleinen. So aber ist es nicht.

Gott offenbart sich in der Liebe, gerade in jener Fähigkeit, in der wir alle gleich sind. Der Direktor liebt nicht anders als der Proletarier, der Gebildete nicht anders als der Ungebildete. Der Liebende steht der Wahrheit näher als der Erkennende: ‚Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, aber den Unmündigen offenbart hast‘ (Mt 11,25).“ Hier können wir die dritte Feststellung von Emma Darwin verstehen, wenn sie ihrem Mann schreibt:

Es ist gefährlich, die Vorstellung von der Offenbarung aufzugeben und damit in Undankbarkeit etwas von sich zu weisen, was für unser Heil und auch für dasjenige der ganzen Welt getan wurde.

Aus all dem ergibt sich nun

d. die Vierte Feststellung

Das sollte Dich vorsichtiger machen und Dich sogar fürchten lassen, Du habest Dich nicht genug um die Wahrheit bemüht.

Es gibt ja nicht nur die naturwissenschaftliche – , es gibt auch die religiöse Wahrheit. Während die einfachen Menschen Jesus anerkannten, lehnten ihn die Intellektuellen seiner Zeit vielfach ab. Sie wussten mit ihm nichts anzufangen. Überheblichkeit und Selbstsicherheit versperrten ihnen den Blick für die eigentliche Wahrheit. Davor möchte Emma Darwin ihren Mann bewahren. Sie weiß offenbar, dass die Wahrheit des Evangeliums nur den einfachen, behutsamen und demütigen Menschen geschenkt wird. Wer nicht die Einfachheit, die Unschuld und das Vertrauen eines kindlichen Herzens hat, schließt sich selbst von ihr aus. – Emma Darwin stand in dieser Wahrheit. Davon gibt nicht nur die liebenswürdige Art ihres Briefes Zeugnis, sondern auch seine Wirkung.

Hier stellt sich uns die Frage erneut: „Hat Gott den Kampf mit der Naturwissenschaft verloren?“ Was ist nach unseren Darlegungen darauf antworten? Die Frage, die uns hier beschäftigte, kann nicht wissenschaftlich beantwortet werden; denn die gesuchte Antwort liegt im Vorfeld wissenschaftlichen Denkens, sagen wir im gefühlsmäßigen oder im emotionalen Bereich des Menschen. Wer sagt: Gott habe den Kampf mit der Naturwissenschaft verloren, der hat sich schon im Vorfeld gegen Gott entschieden. Für ihn ist die Welt letztlich ein Produkt des Zufalls. Wer hingegen die Welt als Gottes Schöpfung versteht, hat sich ebenfalls in Vorfeld entschieden, nicht gegen Gott, sondern für Gott.

Um meinerseits nicht das letzte Wort zu haben, möchte ich schließen mit dem Schlüsselwort des französischen Mathematikers, Physikers und Philosophen Blaise Pascal (1623-1662). Er sagt

„Es ist das Herz, das Gott fühlt, nicht der Verstand; Gott ist dem Herzen spürbar, nicht dem Verstand.“

(Gedanken, S.48, Nr.90, Dazu: Ewald Wasmuth, Der unbekannte Pascal, S.245 ff.).

[Literaturangabe: Bertolt Brecht, Geschichten vom Herrn Keuner, Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 1996, Seite 22, ISBN 3-458 18021-4 //  Paulo Coelho, Der Wanderer, Geschichten und GedankenDiogenes Verlag AG, Zürich 1998, S. 47, ISBN 3-257-70132-2]
Rudolf Stertenbrink OP