Monatsbrief: Sankt Sophien im Februar 2015

Liebe Schwestern und Brüder,
„Wer geboren werden will, muss eine Welt zerstören.“ So lautet ein Schlüsselsatz in dem Roman „Demian“ von Hermann Hesse aus dem Jahr 1919. „Demian“ beschreibt den Entwicklungsweg des jungen Mannes Emil Sinclair von der Kindheit über die Jugend bis hin zum Erwachsenenalter. Immer wieder muss Sinclair neu anfangen, bis er seinen persönlichen Weg findet.
„Wer geboren werden will, muss eine Welt zerstören.“ Ehrlich gesagt: Zerstörungen hat es genug gegeben, gerade in den letzten Wochen! Ob in Paris, in Nigeria oder anderswo – die schrecklichen Ereignisse erschüttern uns und lassen uns bisweilen sprachlos zurück. Auf einen Schlag wird deutlich, wie zerbrechlich unsere Welt eigentlich ist und wie schnell unsere Freiheit und unser Leben in Gefahr geraten können.
Deshalb ist es wichtig, genau zu unterscheiden: Was in meinem Leben will ich bewahren und pflegen? Wovon will ich mich aber auch bewusst verabschieden? Letzteres können Illusionen sein, Schein-Welten, die mit der eigentlichen Wirklichkeit nichts zu tun haben, sondern sie nur verschleiern. Solche Schein-Welten gilt es zu zerstören, will man geboren werden, will man den Neuanfang wagen.
Neuanfänge gehören zu unserem Leben als Christen (und ganz allgemein als Menschen!) dazu. Die Fastenzeit, die am Aschermittwoch (18.2.) beginnt, ist eine gute Chance, um neu anzufangen. Wichtig dabei ist: In Jesus hat Gott selbst einen neuen Anfang gesetzt! Die Schein-Welt des Bösen hat er ein- für allemal zerstört: durch sein Leben, Sterben und Auferstehen, die wir an den österlichen Tagen feiern. Auch wir sind in Jesu Leben, Sterben und Auferstehen einbezogen durch unsere Taufe (Römer 6,4). Damals wurden wir neu-geboren (Johannes 3,3). Unser ganz konkretes Leben – so wie es eben ist – wird zum Ort der Gottesbegegnung.
Die Fastenzeit mit ihren besonderen Angeboten und Gottesdiensten kann eine Anregung sein, uns von so manchen Schein-Welten zu verabschieden, damit wir den Herrn begrüßen können, der uns mitten in der Wirklichkeit unserer Welt und unseres Lebens entgegentritt – immer wieder neu!
Frater Philipp

Hier der ganze Monatsbrief.