Johannes Prassek ein „Barmbeker Jung“

Am 23. Juni jährte sich zum 80. Mal die Verurteilung von Johannes Prassek und der anderen Lübecker Märtyrer zum Tode durch den nationalsozialistischen Volksgerichtshof im Jahre 1943. Zum Gedenken fanden verschiedene Veranstaltungen statt, zum Beispiel am Mariendom.

Auch im Johannes-Prassek-Park  in Hamburg-Barmbek fand am Sonnabend, dem 24., eine kleine Gedenkveranstaltung statt.

Es mag manchen Katholiken in Hamburg gar nicht bekannt sein, dass ein Park mit diesem Namen existiert. Der Park entstand auf dem Gelände des ehemaligen Barmbeker Gaswerkes und erhielt im Jahre 2011, zum 100. Geburtstag von Johannes Prassek, diesen Namen.

Johannes Prassek ist als Sohn eines Maurers und eines Dienstmädchens in Barmbek aufgewachsen, das damals ein typisches Arbeiterviertel war, mit diversen Industriebetrieben, und das bekannt war für seinen rauen Ton – Barmbek Basch eben. Wenn überhaupt christlich, dann war Barmbek eher lutherisch geprägt. Johannes Prassek wuchs aber katholisch auf, er besuchte die katholische Grundschule  Elsastraße und später das katholische Progymnasium und ging in St. Sophien zur Erstkommunion.

Bei der Feier ging Wolfgang Kopitzsch, ehemaliger Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Nord ausführlich auf diese Zeit und dieses Milieu in Barmbek ein, die den Charakter von Johannes Prassek geprägt haben, und zeigte Verbindungen zur Arbeiterbewegung und zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus auf.

Anschließend ging dann Pater Thomas Krauth vom Dominikanerkloster an der Sophienkirche ausführlich auf das spätere Leben und den Charakter von Johannes Prassek als Priester ein. Auch seine positive Lebenseinstellung und seine Musikalität erwähnte er. Sein Lieblingslied „Mein Gott wie schön ist Deine Welt“ wurde angestimmt – bei dazu passendem Wetter: Sonnenschein und blauer Himmel.

Abschließend wurde noch das Projekt eines Denkmals für Johannes Prassek vorgestellt. Es soll Teil eines „Weges des Widerstandes“ werden, der an verschiedenen Stellen in Barmbek an Nazizeit und Widerstand erinnern soll.

Karl Heinz Ranitzsch

Eingangsworte von P. Thomas Krauth OP

Im Namen der Initiative Johannes-Prassek-Park-Projekt begrüße ich Sie alle recht herzlich!

Ich freue mich, dass Sie an diesem Morgen gekommen sind und sich für Johannes Prassek, die Lübecker Märtyrer und dieses Johanne-Prassek-Park-Projekt interessieren.

Heute ist die Auftaktveranstaltung:

Erinnern – Aktualisieren – Projekttieren – Realisieren; weitere Veranstaltungen hierzu werden also folgen.

Ganz herzlich soll ich Sie von Michael Batz grüßen, der heute leider verhindert ist. Dankbar bin ich Kai Dorenkamp. Mit seinem gut gestimmten Akkordeon setzt er für und mit uns die Musikalischen Akzente.

Und nun hat das Wort Wolfgang Kopitzsch unser ehemaliger Bezirksamtsleiter Hamburg-Nord:

Wolfgang Kopitzsch

Ansprache: P. Thomas Krauth OP:

Foto: Martina Skatulla
Pater Thomas Krauth OP

Am 7. Juni 2010 hat der Regionalausschuss Hamburg Nord einstimmig der Initiative der dominikanischen Sankt Sophien-Gemeinde entsprochen, diesem neuen Park den Namen Johannes-Prassek zu geben. Der Senat der Freien Hansestadt Hamburg bestätigte nach dem 2. Mai 2011 den Johannes-Prassek-Park-Beschluss des Regionalausschusses.

Ich erwähne dies auch deshalb, weil die Realisierung des Johannes-Prassek-Park-Projekts natürlich von den demokratischen Instanzen befürwortet werden muss.

Johannes Prassek ist in Hamburg am 13. August 1911 im Hamburger Grindelhof 69 geboren. 100 Jahre nach seiner Geburt konnte der Johannes-Prassek-Park eingeweiht werden. Und zwar am 23. Juni 2011. Genau auf den Tag vor 68 Jahren am 23. Juni 1943 wurde Kaplan Johannes Prassek im Alter von 32 Jahren zusammen mit seinen zwei Mitkaplänen an der Herz-Jesu-Kirche in Lübeck: Hermann Lange und Eduard Müller und dem Lübecker evangelischen Pastor Friedrich Stellbrink zum Tode verurteilt; vom eigens aus Berlin angereisten Volksgerichtshof. Angeklagt wurden sie wegen Wehrkraftzersetzung, landesverräterischer Feindbegünstigung, staatsfeindlicher Umtriebe und Vergehen gegen das Rundfunkgesetz. Auch insgesamt 18 Laien wurden im April, Mai und Juni 1942 in Lübeck verhaftet.

Unmittelbar nach dem Todesurteil für die vier Lübecker Geistlichen erfolgte am 25. Juni 1943 die Verlegung in das Untersuchungsgefängnis Holstenglacis in Hamburg, wo sie vier Monate später am 10. November 1943 durch das Fallbeil hingerichtet wurden.

Im 80. Gedenkjahr ihrer Hinrichtung möchte unsere Initiative erneut ein Zeichen setzten, das nachhaltig ist.

Friedrich, Johannes, Hermann und Eduard haben ihre Stimme erhoben, als die meisten es für bequemer und opportun hielten zu verstummen, trotz himmelschreiender menschenverachtender Unrechtsvorgänge im III. Reich.

Johannes verstummte nicht.

Aktuelle Ereignisse sprach Prassek unerschrocken an.

In Religionsstunden und in Gesprächskreisen nahm er deutlich Stellung zur staatlich organisierten Ermordung geistig und körperlich Kranker,

aber auch zur unmenschlichen Behandlung von Zivilisten.

In Predigten setzte er sich kritisch mit der NS-Weltanschauung auseinander.

Wohlmeinende warnten ihn immer wieder vor so viel Offenheit. „Aber einer muss die Wahrheit doch sagen!“, hielt er dagegen.

Zudem lernte er Polnisch, um Seelsorge für polnische Katholiken in deren Muttersprache zu leisten.

Später betreute er im Verborgenen polnische Zwangsarbeiter seelsorgerlich, was streng untersagt war. Im Gedächtnis der Gemeinde blieb Prassek als ein 1,94 m großer Priester mit starker Ausstrahlung.

Wohl auch deshalb, weil er sich in diesen nicht nur für ihn sehr schweren Zeiten seine Lebensfreude nicht nehmen ließ. Gern sang er mit seiner guten Bass-Stimme zur Gitarre.

Oft zog er mit Jugendlichen los etwa nach Ratzeburg oder an die Ostsee. Auf diesen Touren stimmte er mit der Gitarre gern das Lied an: ,Mein Gott, wie schön ist deine Welt‘, Georg Thurmair 1909-1984 hat den Liedtext mitten in der Zeit der Nazi-Barbarei gedichtet. Er wurde von der Gestapo verfolgt und überwacht, seine Lieder z. T. verboten.

„Seine Texte wurden zur Kraftquelle gegen die Hetze und Verlogenheit im nationalsozialistischen Überwachungssystem“ — so auch dieses scheinbar harmlose Lied: Mein Gott wie schön ist deine Welt:

Kai Dorenkamp

Der Selbstvergötzung und dem Allmachtsanspruch der NS-Ideologie stellt das Lied klar gegenüber, wem allein die schöne Schöpfung zu verdanken ist. (Siehe: Peter Voswinckel: Geführte Wege. Die Lübecker Märtyrer in Wort Bild Hamburg 2010, S. 73f.)

In versteckten Anspielungen zwischen den Zeilen hat Thurmair immer wieder das Gegenmodell zu der durch Menschen heruntergewirtschafteten Version von Gottes schöner Schöpfung aufgerichtet. In diesem Wissen will uns das Lied darin bestärken, Gottes wunderbare Schöpfung zu bewahren.  Singen wir nun die ersten beiden Strophen von: Mein Gott wie schön ist deine Welt, begleitet von Kai Dorenkamp mit dem Akkordeon.

Enthüllung des Modell-Plakates

Die Stimmgabel ist als große Senkrechte ist statisch und still, unbenutzbar und damit entfremdet. So hat sie das Potenzial viele Assoziationen im Betrachter in Schwingung zu bringen, ja anklingen zu lassen, die hier von mir gar nicht benannt und damit eingegrenzt werden sollen.

Nur so viel: Die propagandistische Stimmungsmache der Nationalsozialisten und die mutigen Stimmen derer, die Widerstand leisteten. Wer oder was hat sie gestimmt,

dass sie so furchtlos ihre Stimme erhoben?

Beide Zinken der Stimmgabel weisen nach oben über die Macht der nationalsozialistischen Herrscher hinaus und entmachten sie damit als inhumane Letztinstanz

(Apg 5,29: Petrus aber und die Apostel antworteten und sprachen: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen).

Vorgesehen ist, dass die Stimmgabel mit einem QR Code versehen wird. Hier können Interessierte mehr erfahren über Johannes Prassek und die Lübecker Märtyrer.

Auch können sie Prasseks Lieblingslied anhören.

Michael Batz wird an der Stimmgabel das Licht setzen.

Abschiedsbrief:

Am Mittwoch, dem 10. November 1943: schreibt Johannes Prassek drei Abschiedsbriefe: an Bischof Berning, an seine Familie und an Schwester Tarcisia (= Paula Kellers).

Alle Briefe werden wegen des Inhalts beanstandet und nicht zugestellt.

Am selben Tag wird Johannes Prassek im Alter von 32 Jahren als zweiter der Lübecker Märtyrer um 18.23 Uhr laut Sterbeurkunde im Hamburger Gefängnis Holstenglacis durch das Fallbeil hingerichtet.

Sein Leichnam wird im Krematorium des Konzentrationslagers Neuengamme eingeäschert und die Überreste in der dortigen „Lagergärtnerei“ verstreut.

Hören wir den Abschiedsbrief von Johannes Prassek an seine Familie, geschrieben am Tag seiner Hinrichtung, gelesen von Susanne Kurth.

Kaplan Johannes Prassek schreibt an seine Familie

Hamburg, den 10. XI. 1943

Ihr Lieben!

Heute Abend ist es nun so weit, dass ich sterben darf. Ich freue mich so, ich kann es Euch nicht sagen, wie sehr. Gott ist so gut, dass er mich noch einige schöne Jahre als Priester hat arbeiten lassen.

Und dieses Ende, so mit vollem Bewusstsein und in ruhiger Vorbereitung darauf sterben dürfen, ist das Schönste von allem.

Worum ich Euch um alles in der Welt bitte, ist dieses: Seid nicht traurig!

Was mich erwartet, ist Freude und Glück, gegen das alles Glück hier auf der Erde nichts gilt. Darum dürft auch Ihr Euch freuen.

Für Euch ist mein Tod kein Verlust, ich hätte in meinem Amte als Priester Euch doch kaum mehr dienen können. Was ich für Euch habe tun können, daß ich täglich für Euch gebetet habe, werde ich jetzt noch viel mehr tun können.

Was meine große Sorge um Euch ist, die gleiche, die ich auch für Paul habe, wißt Ihr. Aus dieser Sorge heraus müßt Ihr das auch verstehen, was ich Euch manchmal geschrieben habe. Darf ich Euch bitten, mir zu verzeihen, wenn ich Euch bisweilen weh dabei getan habe? Es war nicht böse gemeint.

Und Dank für alle Sorge und Mühe, die Ihr in meinem Leben Euch um mich gemacht habt. Vom Himmel aus will ich versuchen, Euch alles wieder gut zu machen. Wie es wohl sein wird? Lebt wohl.

Ich grüße Euch noch einmal in herzlicher Liebe und Dankbarkeit.

Euer Hans

Grüßt alle Bekannten noch einmal: Pastor Alves, die Schwestern in Rahlstedt, Webers, Gerdines, Cordes, Heiwings, meinen Pastor in Lübeck, die Schwestern dort, grüßt mir vor allem den Bischof und dankt ihm in meinem Namen für alles, besonders dafür, daß er mich zum Priester geweiht hat. Größeres und Schöneres habe ich auf der Erde nicht erfahren, und nun kommt die größte Freude, Gott, die ewige Liebe.

Ich segne Euch ein letztes Mal. Über meine Sachen habe ich im Testament bestimmt. Lasst es dabei bleiben.

Quelle 21.6.23: https://www.luebeckermaertyrer.de/de/geschichte/abschiedsbriefe/prassek_01.html