Peru – Eine Reise zum Nabel der Welt

Seit August 2016 befindet sich unser Gemeindemitglied Pascal Landahl als „Missionar auf Zeit“ in der Pfarrei Parroquia Santa Rosa Del Mar in der Nähe von Ancón, nördlich von Lima. Auf seinen Blog http://pascalyperu.blogspot.de/ schreibt er regelmäßig über seinen Aufenthalt. Hier lesen Sie eine Reisereportage, die er für die katholische Tageszeitung „Die Tagespost“ über seine Reise in die peruanischen Anden verfasst hat.
Reisereportage-Tagespost Pascal Landahl 04. 11. 2016
Atemberaubende Landschaften, bewundernswerte Architektur und abwechslungsreiche Geschichte: Dies alles kann man erleben, wenn man sich nach Peru, genauer gesagt in die peruanischen Anden, nach Cusco und nach Machu Picchu aufmacht.

Es war einmal vor langer Zeit, dass der Sonnengott seinen Sohn und seine Tochter auf die Erde sandte und ihnen einen Stab aus Gold anvertraute. An jenem Platz, an welchem sich der Stab mit einem Mal in die Erde hineinschlagen lässt, sollten sie sich niederlassen. Mit diesem seinem Willen verabschiedete sich der Sonnengott von ihnen und fortan begaben sie sich auf die Suche nach dem auserwählten Ort. In der Nähe des Hügels Huanacauri gelang es ihnen, den goldene Stab mit einem Schlage in die Erde zu versenken, so dass der Sonnengott ihnen offenbarte: “ In dieses Tal sende ich euch. Hier werden wir uns niederlassen und unseren Sitz errichten.“
So lautet die Legende von der Gründung der Stadt Cusco im 12. Jahrhundert. Cusco bedeutet aus Quechua übersetzt Nabel der Welt, denn das Inka-Imperium Tawantinsuyu reichte einst von Ecuador über Peru und Bolivien bis nach Argentinien und Chile. Vom Glanz der Inka ist in Cusco. durch die spanische conquista leider nicht mehr viel übrig. Dies mindert den Charme und die Schönheit der Altstadt von Cusco jedoch nicht im Geringsten! Prächtige Fassaden, enge Gassen, interessante Museen und Quechua-sprechende indigene Frauen verleihen dem Nabel der Welt, , eine unvergleichliche Atmosphäre. Unmittelbar nach der Ankunft sollte man es jedoch in jedem Fall ruhig angehen, da Cusco auf 3400 m liegt. Zur Vorbeugung oder Bekämpfung der Höhenkrankheit Soroche empfehlen sich Soroche Pills und die berühmte Mate de Coca, Coca-Tee, welche die andine Bevölkerung bereits seit Jahrhunderten quasi rituell konsumiert.

Nach der Gründung Cuscos im 12. Jahrhundert wurde die ganze Stadt vom Inka-Herrscher Pachacutec im 15. Jahrhundert zerstört, um sie in Form eines Puma neu zu konstruieren. Des weiteren soll der zentrale Platz Cuscos einen halben Meter hoch mit Sand bedeckt gewesen sein, weil Untertanen aus dem gesamten Inka-Reich Sand als Zeichen der Ehrerbietung mitgebracht haben sollen. Am besagten Plaza de Armas befindet sich – wie in fast allen spanisch geprägten Städten- die Kathedrale, die auf beiden Seiten von zwei weiteren kleineren Kirchen gesäumt wird. Der Bau der Kathedrale soll knapp 100 Jahre gedauert haben, wobei die Steine dafür aus dem ehemaligen Inka-Tempel Sacsayhuamán oberhalb Cuscos abgetragen wurden. Ein Besuch derselben kostet inklusive Audio-Guide 15 Soles, circa 4€, lohnt sich aber in jedem Fall, da der Reichtum an Kunstwerken enorm ist und das Ticket auch den Eintritt zu weiteren Kirchen und Museen beinhaltet. Ebenfalls am Hauptplatz Cuscos befindet sich die Iglesia de la Compañía, die Jesuitenkirche. Um ihren Bau tobte im 17. Jahrhundert ein Streit zwischen Bischof und Jesuiten, da die Kirche die Kathedrale an Größe und Pracht noch zu übertrumpfen drohte. Letztlich entschied der Papst zugunsten der Kathedrale. Im Inneren kann man den mit 21 m höchsten Altar Perus sowie das imposante Gemälde einer traditionell peruanischen Hochzeit bestaunen. Vom Turm aus kann man zudem ein schönes Foto mit dem Plaza de Armas im Hintergrund machen. Die Kirchen wurden wie so viele Gebäude in Cusco auf den Fundamenten der Inka-Paläste errichtet, die bisher allen Erdbeben standhielten.
Prachtvolle Kirchen sind dabei aber bei weitem nicht das Einzige, was Cusco zu bieten hat. Aufgrund der Inka- und Kolonialgeschichte gibt es außerdem zahlreiche interessante Museen und

 sehenswerte Archäologie-Stätten. In diesem Zusammenhang bildet Qorikancha-Santo Domingo eine perfekte Synthese, denn Qorikancha war derjenige Tempel der Inka, in dem alle seqes genannten Verbindungslinien des Inka-Reichs Tawantinsuyu zusammenliefen und somit gleichzeitig den Haupt-Tempel der Inka bildeten. Die Missionare erkannten die herausragende religiöse Funktion des Tempels und erbauten die Kirche und den Konvent von Santo Domingo darüber. Dementsprechend kann man dort neben vielen Gemälden, kolonialen Kunstschätzen und der wunderschönen Kirche die mächtigen Fundamente des Inka-Tempels sowie eine Zusammenfassung der Inka-Geschichte bestaunen. Für einen Besuch der nahe von Cusco gelegenen Archäologie-Stätten muss man ein sogenanntes boleto turístico für 130 Soles, circa 35 €, bzw. für Studenten 70 Soles, circa 20 €, erwerben. Wundern Sie sich nicht, dass Peruaner nur die Hälfte zahlen müssen! Diese Art von – nun ja- Diskriminierung, sei sie nun positiv oder negativ, werden Sie in Peru oft begegnen. Um nicht auf eigene Faust zu den archäologischen Stätten fahren zu müssen, was natürlich auch geht, werden ca. 3 bis 4 Stunden dauernde Touren zu Preisen von 30 Soles, ca. 10 €, angeboten. Zu Sehen bekommt man dabei neben Inka-Grabstätten oder Thermalquellen insbesondere den mächtigen Inka-Tempel Sacsayhuamán, der ehemals den Kopf des Pumas von Cusco bildete, von wo man eine herrliche Aussicht auf die Stadt und das Tal von Cusco genießt.
Eine andere wundersam faszinierende Stadt ist Machu Picchu: Die Ruinenstadt mit dem begrünten Berg im Hintergrund ist ein „Must -See“ für alle Peru-Besucher. Um 1:30 Uhr in der Nacht durfte ich mich aus dem Bett quälen, aber: Es lohnt sich! Von Cusco muss man nämlich erst einmal etwa zwei Stunden mit dem Bus bis nach Ollantaytambo in das Heilige Tal der Inka fahren, das Valle Sagrado. Dort steigt man in den Zug, der frühestens um 5 Uhr abfährt. Der Zug braucht etwa anderthalb Stunden bis nach Aguas Calientes, das Dorf unterhalb von Machu Picchu. In Aguas Calientes hat man dann die Wahl etwa 90 Minuten lang bis nach Machu Picchu aufzusteigen oder etwa eine dreiviertel Stunde auf den Bus zu warten, der wiederum 20-30 Minuten braucht. Entspannter ist es deshalb, in Aguas Calientes selbst zu übernachten. All diese Querelen lohnen sich jedoch, wenn man erst einmal den Blick auf Machu Picchu genießen kann, der die Brillanz und Kühnheit der Inka und ihres längst untergegangenen Reiches deutlich werden lässt und Bewunderung hervorruft.

Was ist das aber eigentlich für eine mysteriöse Stadt auf 2300 m abgelegen in den Anden? Machu Picchu ist Quechua und bedeutet „Alter Berg“. Etwa im Jahr 1440 soll der Bau Machu Picchu unter der Herrschaft des Inka Pachacutec begonnen haben. Circa 6000 Arbeiter sollen das letzte große Werk der Inka vor Ankunft der Spanier erbaut haben. Aufgrund zahlreicher Tempel und der Ausrichtung der Stadt gen Osten deuten die Indizien darauf hin, dass Machu Picchu primär religiösen und astronomischen Zwecken gedient hat. Während der 70 Jahre, in denen die Inka-Stadt bewohnt war sollen in Machu Picchu zwischen 500 und 1000 Menschen zumeist aus der Mittelschicht Cuscos gewohnt haben. Nach Ankunft der Spanier im Jahr 1530
wurde Machu Picchu unter anderem vermutlich deshalb verlassen, weil der Versorgungsweg aus Cusco, der heute als Inka Trail bekannt ist, abgeschnitten wurde. Knapp 400 Jahre war Machu Picchu verschollen, bis der US-Amerikaner Hiram Bingham am 24. Juni. 1911 mit Hilfe des einheimischen Melchior Artega die damals völlig zugewachsene Stadt wiederentdeckt hat. Heutzutage kommen aufgrund eines staatlich festgelegten Kontingents 2500 Touristen täglich nach Machu Picchu, also circa 1 Million jährlich, weshalb man die Tickets bereits frühzeitig – einige Wochen vorher – erwerben sollte. Erreichen kann man Machu Picchu mit dem Bus auf einer anstrengenden Fahrt mit einem sehr teuren Zug oder auf dem Inka-Trail, den man schon 8 Monate vorher buchen muss. Falls Sie sich eher nicht mit „All – Inclusive“ oder Massentourismus identifizieren, sind die peruanischen Anden mit ihren zahlreichen abgelegenen und ruhigen Tälern dennoch bestens geeignet, um einmal das „wahrhaftige Peru“ kennenzulernen. Haben Sie dann aber keine Angst vor Hunden oder davor, dass Sie einmal ein Lama anspuckt. Spaß beiseite! Peru steht mit seinen Wundern für Sie bereit. Buen viaje!